Mietrecht
„Fiktive“ Schadensbemessung im Mietrecht weiterhin möglich – Rechte der Vermieter gestärkt!
Sachverhalt
Nach Beendigung des Mietverhältnisses gab der Mieter die Mietsache nicht im vertragsgemäßen Zustand an den Vermieter zurück. Dieser forderte den Mieter vergeblich zur Durchführung unterlassener Schönheitsreparaturen, Rückbauarbeiten und Schadensbeseitigungsmaßnahmen auf. Schließlich holte der Vermieter einen Kostenvoranschlag für die erforderlichen Arbeiten ein und begann zum Teil mit deren Ausführung. Der Vermieter forderte auf dieser Grundlage Schadensersatz vom Mieter. Zu Recht?
Entscheidung
Ja! Der Vermieter kann seinen Schaden wegen unterbliebener Schönheitsreparaturen und Beschädigung der Mietsache nach dem Ende des Mietverhältnisses anhand der hierfür erforderlichen, aber noch nicht aufgewendeten Kosten auf der Grundlage eines Kostenvoranschlags bemessen (sog. „fiktive“ Kosten).
Auch diejenigen Arbeiten, die der Vermieter nach Mietende bereits in Teilen ausführt, kann er geltend machen – solange er weiterhin fiktiv abrechnet.
Die geänderte Rechtsprechung des BGH aus dem Jahr 2018, wonach für das Werkvertragsrecht eine solche fiktive Schadensberechnung nicht mehr greift, ist auf das Mietrecht mithin nicht übertragbar.
Der Gefahr der Überkompensation wird dadurch begegnet, dass der Vermieter nur die zur Erfüllung der Leistungspflicht erforderlichen Kosten beanspruchen darf.
Praxishinweis
Das Urteil erlangt für jeden Vermieter Bedeutung, der nach Rückgabe von Mietwohnungen oder Gewerberäumen mit unterbliebenen Schönheitsreparaturen und Schäden konfrontiert wird.
Im laufenden Mietverhältnis ist der Vermieter außerdem berechtigt, einen Vorschuss in Höhe der erforderlichen Renovierungskosten zu fordern, wenn sich der Mieter mit der Durchführung von Schönheitsreparaturen in Verzug befindet.
(BGH, Urteil vom 19. April 2023 – VIII ZR 280/21)