Baurecht
Wegerecht im Weg – was tun?
Ausgangslage
Ein immer wiederkehrendes Problem bei Bauvorhaben in urbanen Gebieten: Die geplante Baustelleneinrichtung kollidiert mit einem als Grunddienstbarkeit eingetragenen Wegerecht, das zugunsten des angrenzenden Nachbargrundstücks über das zu bebauende Grundstück verläuft. Ob im Rahmen der Revitalisierung von Bestandsbauten als städtebauliche Maßnahme oder bei privaten Sanierungs- oder Neuerrichtungsplänen, bestehende Wegerechte können den Bauprozess mangels Möglichkeit der Baustelleneinrichtung im städtischen Gebiet erheblich erschweren. Während der Bauherr das Wegerecht regelmäßig für die Zeit der Bauerrichtung aussetzen will, verlangt der Nutzungsberechtigte hingegen entweder den ungehinderten Zugang zu seinem Grundstück über das Baugrundstück, oder er nutzt das ihm zustehende Wegerecht als Druckmittel zur Durchsetzung finanzieller Entschädigungen. Was tun?
Rechtslage
Ein ausdrücklicher gesetzlicher Anspruch, der eine zeitweise Aussetzung des Wegerechts vorsieht, besteht nicht.
Wenn überhaupt findet im Rahmen der beschriebenen Konstellation der Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB Anwendung. Daraus lässt sich unter Heranziehung von Rechtsgedanken aus nachbarschaftlichen Regelungen, soweit länderspezifisch vorhanden, möglicherweise ein Anspruch auf temporäre Sperrung des Wegerechts herleiten.
In NRW lässt sich dazu der Rechtsgedanke des sogenannten Hammerschlags- und Leitungsrechts nach § 24 NachbG NRW heranziehen, der dem Grundstückseigentümer unter bestimmten Voraussetzungen gestattet, zur Durchführung von Bauarbeiten am eigenen Grundstück das Nachbargrundstück zu nutzen. Auch der Regelungsgedanke des bundesweit geltenden § 1023 BGB, der dem Eigentümer das Recht einräumt, ein über sein Grundstück verlaufendes Wegerecht zu verlegen, legt nahe, dass eine temporäre Suspendierung des Wegerechts möglich sein könnte. Die in § 1020 BGB geregelte schonende Ausübung der Grunddienstbarkeit durch den Berechtigten begründet nach herrschender Meinung hingegen keinen Anspruch auf Suspendierung des Wegerechts.
Letztlich muss immer im konkreten Einzelfall anhand der konkreten Umstände bewertet werden, ob eine Möglichkeit zur Einschränkung der Grunddienstbarkeit bestehen kann.
Praxistipp
Es empfiehlt sich daher, frühzeitig auch im Zusammenhang mit der Planung der Baustelleneinrichtung die grundbuchliche Situation zu prüfen und mit dem Wegerechtsbegünstigten eine individuelle Vereinbarung zu treffen. Auf diese Weise lassen sich Rechtsstreitigkeiten und Verzögerungen gleich zu Beginn der Bauausführung vermeiden.