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Arbeitsrecht

Aufhebungsvertrag ohne Bedenkzeit – ein Anfechtungsgrund?

 

Dr. André Bienek

 

Sachverhalt

 

Eine Arbeitnehmerin hatte unberechtigt Einkaufspreise in der EDV ihres Arbeitgebers abgeändert, um höhere Gewinne zu suggerieren. In einem Personalgespräch wurde sie damit konfrontiert und unterzeichnete einen Aufhebungsvertrag. Im Anschluss erklärte sie dessen Anfechtung, da dieser unter Verstoß gegen das Gebot des fairen Verhandelns zustande gekommen sei. Ihr sei für den Fall der Nichtunterzeichnung eine außerordentliche Kündigung und die Erstattung einer Strafanzeige in Aussicht gestellt worden. Ihrer Bitte, eine längere Bedenkzeit zu erhalten und Rechtsrat einholen zu können, sei nicht entsprochen worden.

 

 

Entscheidung

 

Im konkreten Fall sah das Bundesarbeitsgericht keinen Verstoß gegen das Gebot des fairen Verhandelns. Es fehle an der Widerrechtlichkeit der Drohung. In Anbetracht der Schwere des Vergehens durfte ein verständiger Arbeitgeber die Erklärung einer außerordentlichen Kündigung und die Erstattung einer Strafanzeige ernsthaft in Erwägung ziehen. Außerdem sei die Entscheidungsfreiheit der Arbeitnehmerin nicht dadurch beeinträchtigt worden, dass sie den Aufhebungsvertrag sofort annehmen musste.

 

 

Praxishinweis

 

Ob ein Verstoß gegen das Gebot des fairen Verhandelns vorliegt, ist anhand der Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Um dem Einwand der Anfechtbarkeit eines Aufhebungsvertrages entgegenzuwirken, sollte Arbeitnehmern nach Möglichkeit aber eine Bedenkzeit eingeräumt werden. Die Frist kann regelmäßig kurz bemessen sein (z.B. drei Tage).

 

(BAG, Urteil vom 24.02.2022, Az. 6 AZR 333/21)

Dr. André Bienek - Partner, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht
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