42535
page-template-default,page,page-id-42535,stockholm-core-2.3.2,select-child-theme-ver-1.1.1,select-theme-ver-8.10,ajax_fade,page_not_loaded,popup-menu-fade,side_area_over_content,,qode_grid_1500,qode_menu_,wpb-js-composer js-comp-ver-6.7.0,vc_responsive

Gesellschaftsrecht

Verschärfte Aufklärungspflichten bei Einrichtung eines Datenraums

 

Dr. Georg Rotthege und Dr. Pascal Potthoff

 

Der BGH hat in seinem Urteil vom 15.09.2023 (Az. V ZR 77/22) die Aufklärungspflichten des Verkäufers bei Einrichtung eines Datenraums verschärft. 

 

Zwischen den Parteien bestand ein Kaufvertrag über eine gewerblich genutzte Immobilie zu einem Kaufpreis von ca. 1,5 Mio. €. Darin versicherte der Verkäufer, dass keine WEG-Beschlüsse gefasst seien, aus denen sich eine künftig fällige Sonderumlage ergebe. Am Freitagnachmittag – die Beurkundung fand am darauffolgenden Montagmorgen statt – stellte der Verkäufer das Protokoll einer Eigentümerversammlung in den Datenraum ein. Dieses enthielt einen Beschluss der WEG, mit dem der Käufer zur Zahlung einer Sonderumlage von bis zu 50 Mio. € verpflichtet wurde. Der Käufer focht den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung an und klagte auf Rückabwicklung.

 

Nach Ansicht des BGH traf den Verkäufer hinsichtlich der konkret drohenden Sonderumlage eine vorvertragliche Aufklärungspflicht. Zwar obliege es grundsätzlich dem Käufer, die Werthaltigkeit der Kaufsache eigenverantwortlich zu prüfen. Allerdings dürfe der Verkäufer die Aufklärung nicht treuwidrig erschweren und müsse Umstände, die den Vertragszweck gefährden könnten und daher für den anderen Teil von wesentlicher Bedeutung seien, in jedem Fall offenlegen.

 

Dieser Aufklärungspflicht habe der Verkäufer nicht genügt. Nur wenn im Einzelfall die Erwartung gerechtfertigt sei, dass der Käufer bestimmte, in dem Datenraum bereit gestellte Informationen wahrnehmen und in seine Kaufentscheidung einbeziehen werde, sei das Einstellen der Unterlagen ohne gesonderte Aufklärung ausreichend. Vorliegend habe der Käufer keinen Anlass gehabt, noch einmal Einblick in den Datenraum zu nehmen.

 

Damit überträgt der BGH seine frühere Rechtsprechung zur Übergabe physischer Unterlagen (BGH, Urt. vom 11.11.2011 – V ZR 245/10) auf virtuelle Datenräume. Die Entscheidung betrifft nicht nur Immobilientransaktionen, sondern kann unterschiedslos auf M&A-Verträge angewandt werden. Kaufverträge sollten daher einen konkreten Zeitpunkt festlegen, bis zu dem der Verkäufer weitere Unterlagen in den Datenraum einstellen darf.

Dr. Georg Rotthege - Rechtsanwalt und Partner, Fachanwalt für Steuerrecht
Herr Potthoff
Consent Management Platform von Real Cookie Banner